24 Fachanwaltschaften

Die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung „Fachanwältin / Fachanwalt für…“ kann mittlerweile nach der Fachanwaltsordnung (FAO) für 24 Rechtsgebiete verliehen werden. Gemeinsam ist allen Fachanwaltstiteln, dass sie durch die zuständige Rechtsanwaltskammer verliehen werden. Dadurch findet eine Kontrolle statt, ob ein theoretischer und praktischer Erfahrungsschatz vorhanden ist. Fachanwältinnen und Fachanwälte müssen sich außerdem jährlich fortbilden.

Schwerpunkte oder Tätigkeitsangaben unterliegen keiner solchen Kontrolle, sondern sind reine Selbsteinschätzungen.

Auf dieser Seite informieren wir Sie über den Erwerb der Berechtigung zur Führung einer Fachanwaltsbezeichnung, in welcher Form diese Bezeichnungen nicht geführt werden dürfen und welche Fortbildungspflichten bestehen, um die einmal verliehene Berechtigung auch zu behalten. Weiter informieren wir über die Fortbildungspflicht vor Erwerb der Berechtigung.

Falls Sie sich für die Statistik zu Fachanwaltsbezeichnungen im Bezirk der Rechtsanwaltskammer Freiburg interessieren, sei Ihnen der Unterpunkt Fachanwalts-Statistik empfohlen.

Dann finden Sie das passende Formular hier.

Mögliche Fachanwalts-Bezeichnungen

  1. Agrarrecht
  2. Arbeitsrecht
  3. Bank- und Kapitalmarktrecht
  4. Bau- und Architektenrecht
  5. Erbrecht
  6. Familienrecht
  1. gewerblichen Rechtsschutz
  2. Handels- und Gesellschaftsrecht
  3. Informationstechnologierecht
  4. Insolvenzrecht bzw. Insolvenz- und Sanierungsrecht
  5. internationales Wirtschaftsrecht
  6. Medizinrecht
  1. Miet- und Wohnungseigentumsrecht
  2. Migrationsrecht
  3. Sozialrecht
  4. Sportrecht
  5. Steuerrecht
  6. Strafrecht
  1. Transport- und Speditionsrecht
  2. Urheber- und Medienrecht
  3. Vergaberecht
  4. Verkehrsrecht
  5. Versicherungsrecht
  6. Verwaltungsrecht

Fachanwältin / Fachanwalt werden

Abteilung Fachanwaltschaften

Über die Berechtigung, eine Fachanwaltschaft zu führen, wird nach einem formalisierten Prüfungsverfahren, in welchem der Erwerb theoretischer und praktischer Kenntnisse geprüft wird, durch die Vorstandsabteilung Verleihung Fachanwaltschaften auf Antrag entschieden.

Die Entscheidung ist eine gebundene Entscheidung: Liegen die Voraussetzungen nach der Fachanwaltsordnung (FAO) für die Verleihung der jeweils fachspezifischen Berechtigung vor, erfolgt die Verleihung, anderenfalls nicht. Über Ermessen verfügt die Abteilung dabei nicht.

Die Abteilung kann aber nicht ohne den zuständigen Vorprüfungsausschuss entscheiden.

Vorprüfungsausschüsse

In Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag ist ein Fachausschuss (Vorprüfungsausschuss) zu befragen. Erst nach Eingang des Votums dieses Ausschusses darf der Vorstand entscheiden.

Die Rechtsanwaltskammer Freiburg bildet für alle Fachgebiete gemeinsame Ausschüsse mit den Kammern Karlsruhe und Tübingen, Berichterstatter ist immer ein Mitglied aus einer der anderen Kammern. In sehr kleinen Fachgebieten umfasst der gemeinsame Ausschuss auch die Rechtsanwaltskammer Stuttgart.

Die RAK Freiburg entsendet folgende Mitglieder in die Vorprüfungsausschüsse.

Erwerb der theoretischen Kenntnisse / Aufsichtsarbeiten

Die erforderlichen theoretischen Kenntnisse werden regelmäßig in einem Lehrgang erworben. Der Vorprüfungsausschuss prüft in diesem Fall (nur) anhand der Lehrgangsunterlagen, ob die Teilnahme einen ausreichenden Umfang hatte und ob die nach § 4a FAO vorgeschriebenen Leistungskontrollen (Aufsichtsarbeiten) bestanden wurden. Dazu ist die Vorlage der Klausuren erforderlich.

Es kommt indes auch ein anderweitiger Erwerb der theoretischen Kenntnisse in Betracht, der dann im Einzelfall geprüft werden müsste.

Durch eine Änderung der Fachanwaltsordnung erledigte sich der Rechtsstreit mit einem Veranstalter über die Frage, Aufsichtsarbeiten im Sinne des § 4a FAO auch unter Videoaufsicht zustandekommen dürfen. Die RAK Freiburg hatte in erster Instanz gewonnen, ehe die Satzungsversammlung für Klarheit sorgte und in ab dem 01.06.2023 in Kraft getretenen Fassung der FAO eine Aufsichtsarbeit in Präsenz vorschrieb und damit den Gegenstand des Verfahrens erledigte. Wir verweisen für Details auf unseren Bericht zum Stand des Verfahrens.

Gegenstand des Verfahrens war im Kern das Hinweisblatt der RAK Freiburg zu Aufsichtsarbeiten.

Fachanwältin / Fachanwalt bleiben

Zum Erhalt der einmal verliehenen Fachanwaltsbezeichnung ist eine kalenderjährliche Fortbildungspflicht zu erfüllen, über deren Details wir weiter unten informieren.

Fachanwaltschaft nach Zulassungswiderruf erhalten

Sollten Sie auf die Rechte aus Ihrer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verzichten, können Sie sicherstellen, dass die einmal erworbene Fachanwaltsbezeichnung wieder auflebt, indem Sie auch während Ihrer nichtanwaltlichen Zeit die notwendigen Fortbildungsveranstaltungen besuchen und nach einer Wiederzulassung der zuständigen Rechtsanwaltskammer gegenüber den Nachweis über die lückenlose Fortbildung führen.

Nicht mehr als drei Fachanwaltsbezeichnungen

Die Berechtigung zur Führung eines einmal erworbenen Fachanwaltstitels erlischt ansonsten nur, wenn Sie über mehr als 3 Fachanwaltstitel verfügen, da Sie maximal 3 Titel gleichzeitig führen dürfen. Im Moment der Verleihung einer vierten Berechtigung müssen Sie erklären, welchen Titel Sie nicht führen. Dieser lebt selbstverständlich anstelle einer anderen Bezeichnung wieder auf, solange Sie die erforderlichen Fortbildungsstunden nachweisen und entsprechend wechseln.

Wettbewerbsrechtliche Grenzen

Es darf auch nicht mit Teilen der Fachanwaltsausbildung geworben werden. Beispielsweise ist die Werbung „(erfolgreicher) Abschluss des theoretischen Teils der Fachanwaltschaft“ unzulässig und wird durch die RAK bei Kenntniserlangung berufsrechtlich sanktioniert. Wir stützen uns dabei auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und den Beschluss des Anwaltsgericht Köln – 3 AnwG 14/15 R vom 03.02.2016. Gleiches gilt für das Führen einer früheren Fachanwaltsbezeichnung nach Erwerb der Berechtigung zum Führen einer vierten Fachanwaltschaft oder nach Verzicht auch bei Hinweis auf das Erlöschen der Berechtigung, bspw. In der Form „Fachanwalt für Arbeitsrecht (bis 2020)“.

Fortbildungspflicht nach Erwerb der Fachanwalts-Bezeichnung

Sobald Ihnen die Berechtigung zur Führung einer Fachanwaltsbezeichnung verliehen wurde, sind Sie zu deren Erhalt verpflichtet, jedes Kalenderjahr fachspezifische Fortbildung in einem Umfang von mindestens 15 Zeitstunden wahrzunehmen und uns unaufgefordert nachzuweisen. Es gibt dabei eine – wichtige – Erleichterung: Bis zu 5 der 15 Stunden können im Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle abgeleistet werden. Welche Anforderungen an die Fortbildungen gestellt werden, erläutern wir sogleich.

Wird der Fortbildungspflicht nachhaltig nicht genügt, kann die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung widerrufen werden, regelmäßig ist zu widerrufen.

Wichtige Rechtsprechung zur Fortbildungspflicht

BGH AnwZ (Brfg) 14/19 vom 28.10.2019:

  1. Keine Doppelverwertung von Fortbildungen bei mehreren Fachanwaltsbezeichnungen. Der mehrfache Besuch einer inhaltsgleichen Veranstaltung ist ebenfalls nicht ausreichend, da damit kein Erkenntnisgewinn verbunden ist.

BGH AnwZ (Brfg) 76/13 vom 05.05.2014:

  1. „Ist ein Jahr verstrichen, kann der Rechtsanwalt sich in diesem Jahr nicht mehr fortbilden.“ Ein Nachholen der Fortbildung ist nicht möglich, da das Kalenderjahr verstrichen ist.
  2. „Eine einmalige Verletzung der Fortbildungspflicht führt allerdings nicht zwingend zum Widerruf.“ Überobligate Fortbildung im Folgejahr ist bei der Entscheidung im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen.
  3. Jedenfalls nach drei Jahren versäumter Fortbildungspflicht kommt es nicht mehr darauf an, ob der Rechtsanwalt überobligate Fortbildung in Anspruch nimmt oder dies ankündigt.

BGH AnwZ (Brfg) 16/12 vom 08.04.2013:

  1. Die unterlassene Vorlage der Fortbildungsnachweise für ein Kalenderjahr rechtfertigt für sich genommen keinen Widerruf der Fachanwaltsbezeichnung. Die Vorlage der Nachweise über die tatsächlich erbrachte Fortbildung kann auch im Verfahren noch erfolgen. Offen blieb, ob eine Sanktion über berufsrechtliche Regeln erfolgen kann.

Fortbildungspflicht vor Erwerb der Fachanwalts-Bezeichnung

Es klingt im ersten Moment merkwürdig, aber tatsächlich ist der Nachweis der Teilnahme an Fortbildung mindestens in dem durch § 15 FAO geforderten Umfang vor Erwerb einer Fachanwaltsbezeichnung wichtiger als danach. Nach Erwerb der Berechtigung kann diese Berechtigung widerrufen werden, wenn der Fortbildungspflicht nicht genügt wird. Die Rechtsprechung stellt an einen solchen Widerruf aber Anforderungen und der Vorstand muss Ermessen ausüben, ob die Bezeichnung zu widerrufen ist.

Umgekehrt ist die Verleihung eine gebundene Entscheidung, so dass jedes formale Defizit zur Ablehnung des Antrags auf Verleihung der Berechtigung führt. Oft ist dieses Defizit ein Verstoß gegen die in § 4 FAO begründete Fortbildungspflicht ab Ende des Lehrgangs (Lehrgangszeiten werden mitgerechnet). Seit dem 01.10.2023 ist die Vorschrift allerdings flexibler und unter Umständen ist eine Nachfrist zur Nachholung erforderlich.

AGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.12.2021, AGH 9/21 I

Der Anspruch auf Verleihung des Rechts zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung ist […] eine gebundene Entscheidung. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, ist der Antrag abzulehnen. Die Fortbildung nachzuholen, ist nicht vorgesehen beim Erwerb eines Fachanwaltstitels und daher auch grundsätzlich nicht möglich.“

Das bedeutete, dass Defizite hinsichtlich der nach § 4, § 15 FAO nachzuweisenden Fortbildung aus der Zeit zwischen dem Abschluss des Lehrgangs und der Antragstellung zur Versagung des Antrags führen müssen, ohne dass es auf die Gründe für solche Lücken ankäme. Seit dem 01.10.2023 lässt § 4 FAO ein Nachholen unter Umständen zu.

Weiterführende Hinweise

Für weiterführende Informationen stellen wir ein Hinweisblatt zur Verfügung.

Fortbildung planen

Eine Seite, auf der Sie Fortbildung bei verschiedensten Anbietern buchen können, kann helfen, wenn die Zeit knapp wird, Fortbildungslücken zu schließen. Das bietet Rechtsanwalt-Fortbildung.net.

Berechtigung zur Führung einer Fachanwaltschaft beantragen

Sie sind im Zeitpunkt der Antragstellung bereits 3 Jahre innerhalb der letzten sechs Jahre zur Anwaltschaft zugelassen, haben die erforderlichen Nachweise über den Erwerb der theoretischen Kenntnisse (regelmäßig einen Fachanwaltskurs), die schriftlichen Leistungskontrollen und auch genügend eigenverantwortlich anwaltlich bearbeitete Fälle in den drei Jahren vor Antragstellung zur Erfüllung der in der jeweiligen Fachanwaltschaft gestellten Anforderungen „gesammelt“? Dann dürfen Sie den Antrag auf Verleihung der entsprechenden Fachanwaltschaft stellen. Der Zeitraum kann zum Ausgleich von Unterbrechungen unter Umständen verlängert werden.

Antragsformular und Fallliste

Das dazu benötigte Formular stellen wir hier bereit, in Kürze wird es durch ein digital assistiertes Verfahren ersetzt werden. Muster für die zu erstellende Fallliste stellen wir Ihnen ebenfalls zur Verfügung.

Bedenken Sie bitte, dass die Leistungskontrollen und Lehrgangsbescheinigungen im Original vorzulegen sind.

Nicht zu früh handeln

Stellen Sie den Antrag bitte nicht vor Vollendung des dritten Jahres der Zulassung als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt, denn ein zu früh gestellter Antrag ist unzulässig und damit (auf Ihre Kosten) abzulehnen.

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